Ich komm deshalb drauf, weil Karneval ja so lange noch nicht her ist. Hast du auch mitbekommen, oder? Dass die Stunksitzung vierzigstes Jubiläum hatte. Und weißt du, wer dort damals der erste Sitzungspräsident war? Richtig, der JÜRGEN BECKER! Und weißt du, wer neulich mal wieder in meinem Kulturraum Auerberg war? Richtig. Jetzt hab ich dir so ganz nebenbei auch noch mal deutlich gemacht, von wegen rhetorische Frage und so.
Da warte ich ja nur drauf, dass die Tickets für seine Auftritte im Kulturraum demnächst auf dem Schwarzmarkt gehandelt werden. Du verstehst? So schnell, wie da die Vorstellung immer ausverkauft ist. Ist ja aber auch kein Wunder! Weil sind wir mal ehrlich, Stunksitzung schön und gut, im E-Werk einfach unübertroffen! Aber lass mich jetzt nicht darüber reden, wie du anfangs an Karten gekommen bist! Da musstest du jemanden kennen, der jemanden kannte, dessen Schwester Zeit hatte, sich in aller Herrgottsfrühe in Köln in die Schlange zu stellen. Und weil es keine nummerierten Plätze gab, hast du selbst dich am Veranstaltungstag Stunden vorher angestellt – oder du hattest einen Bekannten, der einen Bruder hatte … Das hat sich ja heute so was von geändert. Ich sage nur Internet. Aber trotzdem, auch zu viel späteren Zeiten, als die Plätze schon nummeriert waren, konntest du mal Pech haben. Einmal habe ich ganz hinten oben im Gepäcknetz gesessen und so was von mein Opernglas vermisst. Und ein anderes Mal habe ich neben der Bühne oben gesessen und die Hälfte der Bühne nicht gesehen. Was ich also sagen will, E-Werk auch immer mit Glück verbunden.
Ganz anders in meinem Kulturraum. Wenn du da mal einen Tag ohne Glück erwischst, oder du hast das Glück für den Tag schon komplett aufgebraucht. Oder du bist eigentlich ein Pechvogel und bist schon so was von an dein Pech gewöhnt. Dann pass auf, wenn du in den Veranstaltungsraum kommst (der ja sonst der Verkaufsraum ist). Nicht dass du da als Pechvogel Pech hast und einen vollkommenen Zusammenbruch erleidest. Weil, egal wo du dich hinsetzt, egal, welche Plätze noch frei sind: Du siehst und hörst von überall gut!
Wie komm ich drauf? Ach ja, der Abend mit Jürgen Becker. Was für ein prall gefüllter Abend mit Wissenswertem zum Thema Musik! Nichts, aber auch gar nichts ist denkbar ohne Musik. Musik und Sex: Genau, deshalb die Pop(p)-Musik. Bahnbrechend weltweit Anfang der Siebziger Pink Floyd mit „Dark side of the moon“ – und in Deutschland James Last: verständlich, weil textlich und musikalisch beide gleich, nur die Drogen machten den Unterschied. Dann die deutschen Heimatlieder, allen voran „Oh, du schöner Westerwald“ und das Publikum brüllt „Eukalyptusbonbon“. Da sind wir niveauflexibel! Das ist sowieso der Wahnsinn. Immer wieder spinnt der Jürgen einen roten Faden durch die Weltgeschichte, spielt dazu Lieder ein und wir dürfen und wollen mitsingen! Volkslieder, kölsche Lieder, erläutert plausibel, wie Trinklieder den Zeitgeist verändert haben! Linkes Gedankengut von Rio Reiser und die kölsche Antwort der Band Brings („Wir werden frei sein“).
Und weiter geht’s: Von „Kornblumenblau“ über „Schnaps, das war sein letztes Wort“ hin zu „Fiesta Mexicana“ – das ist uns einerlei. Und der Jürgen geht dabei so was von mit auf der Bühne. Und am Ende erfahren wir auch, warum die Fridays for Future-Bewegung bisher keinen durchgreifenden Erfolg haben konnte: Klar, ihr fehlt ein Soundtrack. Klima retten ohne Musik geht nicht. Wie alles ohne Musik nicht geht! Jürgens Empfehlung: „Ich liebe das Leben“ von Vicky Leandros. Und er macht uns den Teleprompter und wir singen alle so was von beseelt mit.