Neulich war ich auf einer Vernissage und fand alle Kunstwerke schlichtweg eine Zumutung. Bis auf eins – da klebte aber leider schon ein roter Verkaufspunkt dran. Ich vermute mal, dass mir das Kunstwerk gerade deshalb gefallen hat, weil es schon verkauft war. Wahrscheinlich wäre es mir sonst im Leben nicht aufgefallen! Oder, letztens war ich mir nicht sicher, ob ich mich für ein bestimmtes Konzert interessierte. Ich hab dann einfach mal im Internet geschaut, ob es denn überhaupt noch Karten gäbe, wenn ich denn wollte. Als ich sah, dass es schon ausverkauft war, holla, die Waldfee, da war ich mir aber plötzlich so was von sicher, dass es der Event meines Lebens gewesen wäre! Ja, so bin ich: Allein die Tatsache, dass ein Event ausverkauft ist, macht ihn für mich plötzlich begehrenswerter.
Wie komm ich drauf? Ach ja, Jürgen Becker war auch so was von ausverkauft, und das schon so was von lange. Und, ja, ich geb’ zu, jedes Mal, wenn ich in den vergangenen Monaten auf Jürgens Kopf die Lettern “AUSVERKAUFT!” las, also auf dem Plakat, hatte ich ein erhebendes Glücksgefühl: eine Karte zu haben, dabei sein zu können. Was da dann natürlich wieder total blöde war, meine Erwartungshaltung.
Was soll ich sagen? Der absolute Wahnsinn! So viel, wie der an diesem Abend mit einer Leichtigkeit ohne Punkt und Komma gesprochen hat, so viel konnte ich mit viel Mühen kaum zuhören. Und das Thema, so was von interessant. Es ging im Schweinsgalopp durch … Wobei, ich bin da jetzt mal ganz nah bei mir. Wenn ich hier alles haarklein erzähle, hallo, wo bleibt denn da die Exklusivität? Ich plaudere aus dem Nähkästchen und erzähle, worüber der Jürgen philosophiert hat? Ich mein, da kann ja demnächst jeder kommen, wenn er meinen Blog gelesen hat, und mitsprechen!
Aber gut, ich will mal nicht so sein. Es ging um die Kulturgeschichte der Fortpflanzung. Ja, und dabei eben auch um die Parthenogenese, um die eingeschlechtliche Fortpflanzung der Blattlaus. Die Fortpflanzung der Schnecken war auch ein Thema. Aber, ich bin ehrlich, wer nicht da war, war halt nicht da. Pech! Interessant für mich auch, dass die Wasserflöhe bei Bedarf ihr Geschlecht ändern können – genial! Und dann ging es natürlich um die Lust, um Sex, um “la petit mort”, den Orgasmus – und wie die Kirche dazu stand und steht. Aber da muss man eben dabei gewesen sein, an dem Abend, an diesem unvergesslichen Abend.
Was mich jetzt echt stresst: Neulich machte mein Anzeigenblättchen Werbung für meinen Kulturraum Auerberg: “Das Comedy-Abonnement für das zweite Halbjahr 2018 ist an der Kasse des Schatzinsel-Kaufhauses in der Kölnstraße 367 erhältlich.” Nicht, dass da jetzt immer mehr kommen und ich demnächst vor “AUSVERKAUFT!” stehe, ohne Karte!
Ich vergaß – für die, die leider nicht beim Jürgen dabei sein konnten: Birken haben übrigens auch Sex.